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Wolkendinos und Badeschaum-Haie

Mein Abschiedsnewsletter an meine Studioteilnehmer war für mich eine große Herzensangelegenheit und der schwerste, den ich jemals verfassen musste. Daher hab ich mich dazu entschieden, dass er hier als Blogartikel einen Platz bekommen und somit verewigt werden soll.

Veränderung                                                                                                                                                                                                          Ich habe mich dazu entschlossen, mein Studio nach 17 Jahren abzugeben.
In den letzten Jahren hatte ich immer wieder darüber nachgedacht, aber man gibt nicht einfach so sein „Baby“ weg, das man über so viele Jahre aufgebaut hat. Und ehrlich gesagt dachte ich, dass ich mein Studio bis ins hohe Alter haben werde. Doch es sollte alles anders kommen.
Vor vier Jahren kam Amani auf die Welt und plötzlich war ich nicht mehr nur Studioinhaberin und die Frau, die tausend Projekte gleichzeitig bewältigt, sondern auch Mama. Die letzten Jahre waren zudem von unzähligen Stolpersteinen geprägt, sodass ich keine Chance hatte, wirklich Mama zu sein. Zuerst die Schwierigkeiten mit meinen Vermietern in der Müllerstraße, dann die Nachbarn, die sich im Studio in der Maistraße von uns gestört gefühlt haben und obendrein dubiose Vermieter, die die Räumlichkeiten gar nicht für mein Gewerbe hätten vermieten dürfen. All das habe ich vor Gericht austragen müssen und das ging bereits während meiner Schwangerschaft los.

Ich bin ein Stehaufweibchen und egal welche Rückschläge ich in den letzten 17 Jahren mit meinen Studios erleben musste, die Liebe zu ihnen war zu groß, als dass ich einfach so aufgegeben hätte.
Doch es öffnet einem die Augen, wenn so ein kleines Wesen in dein Leben tritt. Mir wurde immer klarer, dass 24/7 Multitasking für mich mit Kind auf Dauer einfach nicht funktioniert. Ob ich nun mit Amani auf dem Spielplatz oder beim Schwimmen war, ihr vorgelesen oder sie ins Bett gebracht habe, ich war gleichzeitig immer auch im Einsatz für das Studio und nie zu 100% für meine Tochter da. Wer mich aber kennt, weiß, dass ich immer 100% geben möchte.

Und dann kam Corona. Das Studio brauchte mich auf einmal mehr denn je. Irgendwann ging mir die Kraft aus, um 100% Mama zu sein und 100% für das Studio zu geben. Entweder hat mich das schlechte Gewissen dem Studio oder meiner Tochter gegenüber geplagt. Es musste etwas geschehen und so habe ich mich für meine Tochter entschieden und dafür, die große Verantwortung für mein Studio abzugeben und meine Arbeit in Zukunft so einzuteilen, dass ich Zeit für meine Familie und für mich habe. Denn ich selbst bin in den letzten Jahren auch viel zu sehr auf die Strecke geblieben.

Ein Traum wurde wahr
Vor 30 Jahren begann mein Traum, Menschen in Bewegung zu unterrichten. Ein eigenes Studio zu haben, war ein weiterer Traum, der in Erfüllung ging. Ich bin einfach so dankbar dafür, dass ich diesen Traum leben durfte, und ich bin so unendlich dankbar für alle Menschen, die diesen Weg mit mir gegangen sind. Ich bin dankbar für die unzähligen wunderschönen Momente und Gespräche, die ich in meinen Studios hatte.
Ich habe meine erste Unterrichtsstunde mit 16 Jahren gegeben und habe noch nicht vor aufzuhören und werde meinen Traum weiterleben, nur eben in einer Form, in der ich freier und unabhängiger bin, ganz ohne Druck. Ich werde meine zweite Leidenschaft, das Bücherschreiben, weiter ausbauen und freu mich auf ganz viel Inspiration.

..und was mach ich dann jetzt ohne Studio?
Ganz viel mit Amani kuscheln und mich auf unzählige unbeschwerte Momente mit ihr freuen! Ich werde mit ihr Dinosaurier, Haie und Eulen in den Wolken und im Badeschaum entdecken anstatt nur hinzustarren und den Kopf bei der Arbeit zu haben und zu überlegen, welches Problem ich als nächstes lösen oder welche Aufgabe ich als nächstes erledigen muss. Ich werde ihrem Gesang und ihren Geschichten aufmerksamer zuhören und mich von ihrer Fröhlichkeit anstecken lassen. Ich werde Familienfeiern und ein schönes Abendessen genießen ohne Anrufe aus dem Studio, dass Wasser übergelaufen ist, der Strom nicht funktioniert oder eine Stunde kurzfristig abgesagt wird.
Dann werde ich mir in unserem neuen Haus ein Onlinestudio einrichten, an dem ich schon fleißig bastele, und freue mich darauf, wenn du mit deiner bestehenden Onlinekarte mit mir übst. Doch hierfür brauche ich noch eine Weile. Ich möchte erst einmal ein wenig durchatmen und in Ruhe die nächste Zeit planen. Denn meine Ausbildungen werde ich auf jeden Fall weitermachen, genauso meine Workshops und Retreats und vielleicht ein paar feste Onlinestunden.

Im April 2023 erscheint mein erstes Kinderbuch, worauf ich mich schon riesig freue! Und ich hoffe darauf, dass ich sogar noch mehr davon machen darf, weil es einfach so eine wundervolle Aufgabe war.

….und jetzt heißt es Lebe wohl…
PUH! Dann kommt jetzt wohl das Ende und hiermit auch der Abschied unter dem Namen „Amienas Werkstatt“. Wie du dir vorstellen kannst, kullern so einige Tränen. Für mich ist das Schreiben von diesem Newsletter auch ein kleiner Rückblick, den ich mit dir teilen möchte und weil der Abschied so schwer fällt, schreibe ich noch eine bisschen weiter.
Meine Ausbildungen konnte ich durch Jobs wie Treppen putzen, kellnern, als Kartenabreißerin und Kassiererin im Kino, Empfangsdame und Fitnessstudio- und Aerobicleiterin finanzieren und damit mich meinen Traum nähern, Menschen in Tanz und Bewegung zu unterrichten. Oft waren die Jobs gleichzeitig vor oder nach meinen Ausbildungszeiten und ich kam meistens erst um ein Uhr nachts nach Hause. Aber die Anstrengung hat sich gelohnt, denn ich durfte als Ausbilderin in meiner Schule und als Tänzerin im Ausland arbeiten, mir freiberuflich mehr und mehr Unterrichtsstunden aufbauen und 2005 mein erstes kleines Studio mitten in München eröffnen.

Als zehnjährige bin ich in Südafrika einer politischen Tanzgruppe beigetreten und wusste von dem Moment an, was ich eines Tages werden möchte, auch wenn sich der Traum erst mit der Flucht nach Deutschland verwirklichen sollte, weil ich wegen meiner Hautfarbe in Kapstadt keine Tanzschule besuchen durfte. 2005 erschien auch mein erstes Buch, was ich mir zuvor nie im Leben hätte vorstellen können, schon allein wegen der Sprache nicht.

Für einen Neubeginn ist es nie zu spät                                                                                                                                                          Ich habe definitiv meine Träume voll und ganz ausgelebt. Doch ich habe gemerkt, dass die Anstrengung und der Druck mit den Jahren wuchs und dass die Zeit gekommen war, mich zu verändern. Ich hätte niemals gedacht, dass ich mit 47 Jahren so einen Schritt wagen würde. Es hat viel Mut dafür gebraucht und vielleicht ermutigt es auch dich, dass es nie für einen Neubeginn zu spät ist, dass es wichtig ist, auf sich zu achten und zu spüren, was für einen selbst gut ist und wie wichtig es ist, auf Zeichen zu reagieren, gerade wenn auch andere, in meinem Fall mein Kind, involviert sind. Daher habe ich mich entschlossen, mehr für meine Tochter da zu sein.
Wir alle haben nur das eine Leben und manchmal müssen wir mutige Entscheidungen zu unserem eigenen und damit auch zum Wohle anderer treffen.
Ich hoffe sehr, dich irgendwo auf meinen Events, meinen Retreats, meinen Ausbildungen oder online wiederzusehen. Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn wir in Kontakt bleiben!

Von Herzen alles Liebe
Deine Amiena

 

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